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Ukraine-Friedensgespräche in Istanbul: Neue Hoffnung auch ohne Putin?

by Andrew Rogers
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In Istanbul stehen neue Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland bevor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reist persönlich an. Der russische Präsident Wladimir Putin bleibt fern und schickt stattdessen eine Delegation unter Leitung seines Beraters Wladimir Medinski. Ziel ist es, an frühere Verhandlungen anzuknüpfen und einen möglichen Waffenstillstand zu besprechen.

Gespräche in der Türkei: Wer verhandelt mit wem?

Die Türkei wird erneut zum zentralen Ort für diplomatische Gespräche. Präsident Recep Tayyip Erdoğan empfängt Selenskyj in Ankara. Ursprünglich hatte Selenskyj ein direktes Treffen mit Putin gefordert. Dieser lehnt das jedoch weiterhin ab. Russland kündigte am Mittwochabend an, lediglich eine Delegation zu entsenden.

Auch die USA wollen sich beteiligen: Außenminister Marco Rubio sowie die Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg sind als Beobachter vorgesehen. Das Treffen wird von vielen als Chance für eine politische Annäherung gewertet – trotz zahlreicher Hürden.

Was kann das Treffen bewirken?

Selenskyj betonte in seiner abendlichen Ansprache, dass sein Land offen für jedes Verhandlungsformat sei. Sein Ziel: ein sofortiger Waffenstillstand oder ein umfassender Gefangenenaustausch. „Alle gegen alle“, so der ukrainische Präsident.

Doch Russland bleibt zurückhaltend. Der Kreml signalisiert Gesprächsbereitschaft – jedoch erst, wenn grundlegende Fragen zum Status der Ukraine geklärt sind. Die Fronten sind damit weiterhin verhärtet.

Die schwierige Beziehung zwischen Putin und Selenskyj

Ein persönliches Treffen zwischen den beiden Staatschefs gilt als fast ausgeschlossen. Das Verhältnis ist tief zerrüttet. Putin bezeichnet Selenskyj als illegitim und wirft ihm „Nazismus“ und Drogenmissbrauch vor. Selenskyj wiederum nennt Putin einen „Terroristen“ und fordert seine Verurteilung durch internationale Gerichte.

Laut Selenskyj gab es mehrere Attentatsversuche auf ihn. Der russische Geheimdienst soll laut ukrainischen Angaben hinter der geplanten Aktion „Maidan-3“ gestanden haben. Trotz der Feindschaft zeigt sich Selenskyj entschlossen: „Ich werde Putin nicht gewinnen lassen. Dafür lebe ich.“

Gibt es einen geheimen Friedensplan?

Tatsächlich existiert bereits ein vertraulicher Waffenstillstandsplan. In Genf haben Experten aus der Ukraine, Russland, Europa und den USA diesen inoffiziell erarbeitet. Demnach soll entlang der Frontlinie eine 10 bis 15 Kilometer breite Pufferzone entstehen. Beide Seiten müssten Soldaten und schweres Gerät abziehen. Auch Drohnenflüge wären verboten.

Eine gemeinsame Kommission soll die Umsetzung überwachen. Dazu gehört auch die Organisation von Gefangenenaustauschen, Minenräumung und humanitären Korridoren. Der Plan wurde vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik erstellt, das von der Schweiz finanziert wird.

Warum frühere Gespräche gescheitert sind

Bereits kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 gab es erste Verhandlungen in Belarus und Istanbul. Damals waren beide Seiten zu Zugeständnissen bereit. Russland wollte Gespräche über den Krimstatus zulassen, die Ukraine verzichtete auf eine NATO-Mitgliedschaft.

Doch dann kam der Rückzug der russischen Armee aus Kiew. Die Gräueltaten von Butscha wurden öffentlich, der Westen erhöhte seine Militärhilfe. Die Gespräche zogen sich bis Mai 2022, blieben aber ohne Einigung. Moskau stellte neue Bedingungen, darunter ein Vetorecht bei Sicherheitsgarantien. Die Ukraine sollte nur noch eine begrenzte Armee behalten.

Warum der Dialog abbrach

Im September 2022 annektierte Russland mehrere Gebiete in der Ostukraine. Damit war der Verhandlungsweg endgültig blockiert. Selenskyj erließ ein Dekret, das Gespräche mit Putin untersagte. Seither gibt es nur noch direkten Kontakt bei Gefangenenaustauschen. Laut Russland-Expertin Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin wurden bisher über 60 Austauschaktionen durchgeführt.

Neue Dynamik – doch keine schnellen Lösungen

Die Hoffnung auf einen Friedensprozess bleibt. Doch ohne direkte Gespräche zwischen den Präsidenten ist ein schneller Durchbruch unwahrscheinlich. Beobachter sehen die jetzigen Gespräche vor allem als Chance, diplomatische Kanäle offen zu halten und Vertrauen aufzubauen.

Dennoch: Die Tatsache, dass wieder geredet wird, ist ein positives Signal. Die diplomatische Bühne in Istanbul könnte – bei gutem Willen – der erste Schritt zu einer langfristigen Lösung sein.

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