In Rumänien hat sich der liberale und proeuropäische Politiker Nicușor Dan bei der Stichwahl um das Präsidentenamt klar gegen den rechtspopulistischen Kandidaten George Simion durchgesetzt. Wie das Zentrale Wahlbüro in Bukarest am Montag mitteilte, erreichte Dan rund 54 Prozent der Stimmen, während Simion bei 46 Prozent lag. Die Wahl galt als richtungsweisend für das Verhältnis Rumäniens zur Europäischen Union und zur Ukraine. Simion, ein Kritiker westlicher Bündnisse und Unterstützer eines kremlnahen Kurses, hatte zunächst seine Niederlage nicht eingeräumt. Erst in der Nacht gratulierte er seinem Rivalen öffentlich. Die EU-Politik begrüßte den Wahlausgang mit sichtbarer Erleichterung.
Deutlicher Wahlsieg für Nicușor Dan
Der 50-jährige Bürgermeister von Bukarest, Nicușor Dan, konnte sich am Sonntagabend vor Tausenden jubelnden Anhängern feiern lassen. „Dieser Sieg gehört Euch“, rief Dan auf dem Rathausplatz der Hauptstadt. Die Menge antwortete mit Sprechchören wie: „Russland, Rumänien gehört nicht dir!“ Ein klarer Seitenhieb auf seinen Konkurrenten George Simion, der den kremlfreundlichen Politiker Călin Georgescu als künftigen Premierminister vorgesehen hatte.
Dan gilt als überzeugter Europäer und strebt tiefere Integration in die EU sowie eine konsequente Unterstützung der Ukraine an.
Simion ruft sich zunächst selbst zum Sieger aus
Trotz Nachwahlbefragungen, die Dan deutlich vorne sahen, erklärte sich George Simion am Wahlabend selbst zum Sieger. Vor dem Parlament sprach er von Wahlbetrug: „Wir sind die klaren Sieger dieser Wahl“, sagte er vor jubelnden Anhängern und verglich sich offen mit US-Politiker Donald Trump.
Erst in der Nacht auf Montag ruderte Simion zurück: In einem Video auf Facebook räumte er Dans Sieg ein. „Er hat gewonnen. Das war der Wille des rumänischen Volkes“, erklärte er. In der ersten Wahlrunde hatte Simion noch 41 Prozent erhalten, Dan dagegen nur 21 Prozent.
Internationale Reaktionen: Europa zeigt sich erleichtert
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratulierte Dan auf der Plattform X zu seinem „historischen Sieg“. Er erinnerte an die enge Partnerschaft Rumäniens, insbesondere bei der Unterstützung während des russischen Angriffskriegs.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobte die Entscheidung der Rumänen: „Sie haben das Versprechen eines offenen, wohlhabenden Rumäniens gewählt.“ Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von einem klaren Bekenntnis zur Demokratie.
Aus der Republik Moldau kamen ebenfalls Glückwünsche. Präsidentin Maia Sandu rief bereits im Vorfeld zur Unterstützung Dans auf. In Moldau erhielt Dan fast 88 Prozent der abgegebenen Stimmen von Rumänen mit Wahlrecht.
Rechtspopulisten stark im Parlament
Obwohl Dan die Wahl gewonnen hat, warnt er vor schwierigen Regierungsverhandlungen. Nach dem Rücktritt des bisherigen Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu ruft Dan nun „alle proeuropäischen Parteien“ zur Zusammenarbeit auf. Doch drei rechtsextreme Parteien, darunter Simions Partei AUR, halten gemeinsam mehr als ein Drittel der Sitze im Parlament.
„Es wird eine schwere Zeit, aber wir müssen die Wirtschaft stabilisieren und das Land wieder ins Gleichgewicht bringen“, sagte Dan am Wahlabend. Angesichts des hohen Haushaltsdefizits forderte er Geduld und Zusammenhalt.
Hinweise auf russische Einmischung
Während der Wahl sei es laut dem Außenministerium zu gezielten Desinformationskampagnen gekommen, offenbar mit Verbindung zu Russland. Auf Telegram und anderen Plattformen kursierten gefälschte Nachrichten, die Wähler verunsichern sollten.
Ein Sprecher warnte: „Wir erkennen typische Merkmale russischer Einmischung.“ Die Regierung betonte, man habe Maßnahmen zur Sicherung eines fairen Wahlablaufs getroffen.
Meinungsforscher lagen falsch – Auslandsrumänen entscheidend
Die meisten Umfragen hatten Simions Chancen unterschätzt. Besonders überraschend war das starke Abschneiden bei Rumänen im Ausland, deren Wahlbeteiligung doppelt so hoch war wie in der ersten Runde.
Laut Wahlbehörde stimmten rund 60 Prozent der Auslandsrumänen für Simion – deutlich mehr als im Inland. Das zeigt, wie groß der Einfluss dieser Wählergruppe bei knappen Entscheidungen sein kann.
Mit dem Sieg von Nicușor Dan entscheidet sich Rumänien für einen klar proeuropäischen Kurs. Die Wahl war mehr als nur ein innenpolitischer Richtungsentscheid – sie war ein deutliches Signal inmitten des Ukrainekriegs und wachsender geopolitischer Spannungen.