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Illegale Medikamente über Spotify: Fake-Podcasts tarnen gefährlichen Online-Handel

by Andrew Rogers
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Über die Musikplattform Spotify werden aktuell wieder vermehrt gefälschte Podcasts verbreitet, die auf illegale Online-Apotheken verlinken. Hinter harmlos wirkenden Formaten zu Gesundheit, Therapie oder Comedy verstecken sich gefährliche Angebote: Der Verkauf rezeptpflichtiger Medikamente wie Adderall, Oxycodon oder Xanax – oft ohne ärztliche Verordnung. Die Berliner Tagespost berichtet über die Hintergründe und die zunehmende Kritik an Spotify

Schein-Podcasts bewerben verschreibungspflichtige Arzneien

Wer auf Spotify nach Begriffen wie „Adderall“, „Xanax“ oder „Oxycodon“ sucht, stößt immer wieder auf angebliche Podcasts mit Titeln wie „My Adderall Store“ oder „Order Xanax 2 mg Online“. Doch statt medizinischer Aufklärung führen diese Inhalte auf dubiose Webseiten, die gefährliche Medikamente anbieten – teilweise sogar ohne Rezeptpflicht.

Viele dieser Audioformate bestehen lediglich aus kurzen, synthetisch erzeugten Sprachaufnahmen mit weniger als zehn Sekunden Länge. Sie bewerben Medikamente wie Ambien, Vicodin oder Methadon und locken mit diskretem Versand, angeblicher FDA-Zulassung und hohen Rabatten – mitten auf einer der größten Musikplattformen der Welt.

Spotify löscht Inhalte – doch neue tauchen schnell wieder auf

Nachdem eine Medienorganisation 26 solcher Fake-Podcasts bei Spotify meldete, reagierte das Unternehmen schnell: Innerhalb weniger Stunden wurden die betroffenen Inhalte entfernt. Eine Sprecherin von Spotify bestätigte gegenüber mehreren US-Medien, dass diese Formate gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen.

Doch schon einen Tag später waren neue, nahezu identische Inhalte online – mit gleichen Zielen und ähnlichem Aufbau. Spotify erklärte, dass automatisierte Systeme und manuelle Prüfer täglich daran arbeiten, illegale Inhalte zu erkennen. Dennoch bleiben viele Angebote über Wochen oder sogar Monate abrufbar.

KI macht Missbrauch einfacher

Laut Expertin Katie Paul vom Tech Transparency Project sind neue KI-Werkzeuge ein Hauptgrund für die wachsende Zahl solcher Podcasts. „Durch Text-zu-Sprache-Tools lassen sich hunderte Fake-Podcasts in kurzer Zeit erstellen“, sagt sie. Das erschwere die Erkennung und Entfernung problematischer Inhalte erheblich.

Ein Beispiel: Der Podcast „Xtrapharma.com“ nutzte eine computergenerierte Stimme, um innerhalb von Sekunden Medikamente wie Hydrocodon zu bewerben – mit Links zu nicht lizenzierten Apotheken. Auch Formate wie „John Elizabeth“ oder „Adderall 10 mg Blue Pills“ nutzten die gleiche Masche.

Kritik an Spotify wächst

Der öffentliche Druck auf Spotify nimmt zu. Die bekannte Tech-Bloggerin Lauren Balik forderte CEO Daniel Ek auf X (vormals Twitter) auf, endlich Konsequenzen zu ziehen. Auch Kinderschützer wie Sarah Gardner von der Heat Initiative mahnen: „Überall, wo Nutzer Inhalte hochladen dürfen, entstehen Risiken. Spotify muss stärker eingreifen.“

Bereits 2022 geriet Spotify durch die Verbreitung von Fehlinformationen im Podcast „The Joe Rogan Experience“ in die Kritik. Künstler wie Neil Young und Joni Mitchell entfernten damals ihre Musik von der Plattform. Seitdem investierte Spotify in Kontrollsysteme und übernahm das Analyseunternehmen Kinzen – offenbar mit begrenztem Erfolg.

Gesetzliche Lücken erschweren Regulierung

Ein zentrales Problem: Die rechtlichen Grundlagen in den USA schützen Plattformen wie Spotify oft vor strafrechtlicher Verantwortung. „Es gibt kaum verbindliche Regeln für diese Anbieter“, erklärt Katie Paul. So können riskante Inhalte lange online bleiben – selbst wenn sie gemeldet wurden.

In Deutschland wäre ein solcher Handel strafbar. Auch die Europäische Union arbeitet an neuen Regelungen, um digitale Plattformen stärker in die Pflicht zu nehmen. Doch bis dahin sind Plattformbetreiber weitgehend auf freiwillige Maßnahmen angewiesen.

Gesundheitsrisiken durch illegale Online-Apotheken

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA sowie die Weltgesundheitsorganisation warnen seit Jahren vor Medikamentenkäufen über inoffizielle Kanäle. Neben der rechtlichen Problematik sind die Gesundheitsrisiken enorm: Fälschungen, falsche Dosierungen oder verunreinigte Substanzen können schwerwiegende Folgen haben.

Ein historisches Beispiel ist Google: Das Unternehmen musste 2011 eine Strafe in Höhe von 500 Millionen US-Dollar zahlen, weil es Werbung für illegale Apotheken zugelassen hatte.

Forderung nach mehr Verantwortung

Spotify erlaubt grundsätzlich allen Nutzern, Podcasts hochzuladen – prüft aber Inhalte laut eigener Angabe sowohl maschinell als auch per Hand. Die aktuellen Fälle zeigen jedoch, dass das Kontrollsystem leicht umgangen werden kann. Experten wie Sarah Gardner fordern daher strengere Prüfmechanismen und eine schnellere Reaktion auf Hinweise.

Illegale Medikamente haben auf Spotify nichts zu suchen – das betont das Unternehmen selbst in seinen Richtlinien. Doch die Praxis zeigt: Mit heutigen Technologien ist es einfach, verbotene Inhalte zu verbreiten. Wenn große Plattformen wie Spotify dem nicht entschieden entgegentreten, riskieren sie nicht nur rechtliche Probleme – sondern auch das Vertrauen ihrer Nutzer.

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