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Hunderte Polizisten unter Extremismusverdacht – Disziplinarverfahren in allen Bundesländern

by Andrew Rogers
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In allen 16 Bundesländern laufen derzeit Disziplinarverfahren gegen Polizisten wegen des Verdachts auf rechtsextreme Einstellungen oder Verschwörungsideologien. Laut einer gemeinsamen Recherche von Stern und RTL, die am Samstag veröffentlicht wurde, betrifft dies mindestens 193 aktive Polizeibeamte. Die tatsächliche Zahl dürfte jedoch höher liegen, da einige Länder keine klaren Angaben machten – darunter auch Berlin und Nordrhein-Westfalen.

Verdachtsfälle in ganz Deutschland – auch in Berlin

Die Innenministerien aller Bundesländer bestätigten gegenüber Stern und RTL, dass Ermittlungen oder Disziplinarverfahren gegen Polizeikräfte laufen. Dabei geht es um den Verdacht auf eine rechtsextreme Haltung oder die Verbreitung verschwörungsideologischer Inhalte. Besonders auffällig: In Berlin und Nordrhein-Westfalen sind derzeit jeweils rund 80 Disziplinarverfahren in Bearbeitung. Diese lassen sich laut Behördenangaben jedoch nicht eindeutig einer politischen Richtung zuordnen.

Über 570 Verfahren seit 2020 – Dunkelziffer wohl höher

Seit dem Jahr 2020 wurden laut Bericht mehr als 571 Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamte in den Ländern eingeleitet. Auch in diesen Fällen stand der Verdacht auf eine extremistische oder verschwörungsideologische Einstellung im Raum. Die Autoren der Recherche betonen, dass die Dunkelziffer wahrscheinlich noch deutlich höher ist. Grund dafür sind unvollständige Statistiken oder geänderte Erfassungskriterien in mehreren Bundesländern.

Fehlende Kategorisierung erschwert klare Einordnung

Vier Bundesländer – Nordrhein-Westfalen, Berlin, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern – führen laut Bericht keine differenzierten Statistiken mehr über die politische Motivation von Disziplinarfällen. Nordrhein-Westfalen etwa verzichtet seit dem Vorjahr auf eine Kategorisierung nach politischer Richtung. Mecklenburg-Vorpommern kündigte an, aktuelle Zahlen erst im vierten Quartal 2025 zu veröffentlichen.

Experten fordern konsequentes Vorgehen

Sicherheitsforscher und Menschenrechtler fordern eine konsequente Aufarbeitung der Fälle und eine bundeseinheitliche Erfassung extremistischer Tendenzen im öffentlichen Dienst. Der Kriminologe Prof. Tobias Singelnstein von der Universität Frankfurt sagte dazu:
„Wenn es in der Polizei extremistische Haltungen gibt, ist das besonders gefährlich – denn sie hat ein Gewaltmonopol und genießt das Vertrauen der Bevölkerung.“

Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sprach sich für strengere Kontrollmechanismen und regelmäßige Schulungen im Bereich politischer Bildung aus. Die Polizei müsse ihre demokratische Verankerung stetig überprüfen und stärken.

Berliner Polizei ebenfalls betroffen

Auch in der Hauptstadt steht die Polizei unter Druck. Zwar wurden keine konkreten Zahlen zu rechtsextremen Tendenzen genannt, doch die rund 80 laufenden Disziplinarverfahren in Berlin werfen Fragen auf. Die Berliner Innenverwaltung erklärte, man prüfe alle Hinweise sorgfältig. Es sei wichtig, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei zu schützen.

Vertrauen in die Polizei steht auf dem Spiel

Der Verdacht gegen Hunderte Polizisten ist ein ernstes Signal. In einem Rechtsstaat ist es unerlässlich, dass alle Staatsbediensteten auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Extremistische Ideologien haben im Polizeidienst keinen Platz. Umso wichtiger ist es, dass alle Fälle konsequent aufgeklärt und betroffene Beamte – sofern sich der Verdacht erhärtet – disziplinarisch belangt werden.

Die Vorwürfe gegen Polizisten in allen Bundesländern sind alarmierend. Eine transparente Aufklärung, bessere Erfassungssysteme und klare politische Haltung innerhalb der Sicherheitsbehörden sind jetzt nötig. Nur so kann das Vertrauen in die Polizei gesichert werden.

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