Wer arbeitet im Homeoffice? In Deutschland sind es 23,5 Prozent aller Beschäftigten. Viele haben seit der Corona-Pandemie ihren Alltag darauf ausgerichtet. Doch nun wollen einige Arbeitgeber die Heimarbeit einschränken. Sie berufen sich auf unternehmerische Gründe und verlangen die Rückkehr ins Büro. Wie ist die Rechtslage? Anwältin Nathalie Oberthür vom Deutschen Anwaltverein erklärt, wann ein Arbeitgeber Homeoffice-Vereinbarungen aufheben darf und welche Rechte Beschäftigte haben.
Aktuelle Homeoffice-Zahlen in Deutschland
Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten 2023 23,5 Prozent der Beschäftigten ganz oder teilweise von zu Hause aus.
13,2 Prozent nutzten das Homeoffice täglich oder mindestens zur Hälfte ihrer Arbeitszeit.
Weitere 10 Prozent arbeiteten an einzelnen Tagen von zu Hause aus.
Diese Zahlen zeigen: Homeoffice ist für viele Arbeitnehmer Alltag. Gleichzeitig wächst der Druck von Arbeitgeberseite, die Kontrolle zurückzugewinnen.
Arten von Homeoffice-Vereinbarungen
Es gibt verschiedene Verträge zur Heimarbeit.
Manche Regelungen stehen direkt im Arbeitsvertrag.
Andere sind als schriftliche Zusatzvereinbarungen festgehalten.
Oft gelten mündliche oder stillschweigende Absprachen.
Unabhängig von der Form gilt: Eine einseitige Änderung durch den Chef ist nur per Änderungskündigung möglich.
Individualvereinbarungen
Einzelverträge zum Homeoffice lassen sich nicht einfach rückgängig machen.
Oberthür betont: „Der Arbeitgeber braucht für die Änderungskündigung einen triftigen Grund. Er muss das Arbeitsverhältnis kündigen und neue Bedingungen anbieten.“
Unternehmerische Entscheidungen, wie Kosten- oder Kontrollbedarf, gelten als zulässiger Grund.
Widerrufsklauseln und Teilkündigung
Viele Homeoffice-Verträge enthalten Widerrufsklauseln.
Dadurch darf der Arbeitgeber einzelne Vereinbarungen kündigen, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Dann entfällt nur das Recht auf Heimarbeit.
Der Rest des Arbeitsvertrags bleibt bestehen.
Betriebsvereinbarungen zum Homeoffice
Gibt es eine Betriebsvereinbarung, richtet sich alles nach ihren Regeln.
Meist ist eine Kündigungsfrist von drei Monaten festgelegt.
Oberthür erklärt: „Betriebsvereinbarungen können jederzeit gekündigt werden, solange nichts Abweichendes vereinbart ist.“
In manchen Unternehmen sieht der Betriebsrat eigene Schutzregeln für die Mitarbeiter vor.
Rechtsausnahmen und Ausschlussklauseln
Ausnahmsweise kann ein Widerruf vertraglich ausgeschlossen sein.
Dann gelingt eine Änderungskündigung nur aus wichtigem Grund.
Liegt solch ein Ausschluss vor, bleibt das Homeoffice unantastbar.
Beispiel: Eine unkündbare Zusage über ein Jahr.
Rückkehr ins Büro ohne Vereinbarung
Fehlt jede Regelung, darf der Chef sofort zur Präsenz zurückrufen.
Er muss jedoch das „billige Ermessen“ wahren.
Das heißt: Er berücksichtigt auch persönliche Belange.
Familienstand, Gesundheit und lange Anfahrten können mitentscheiden.
Praxisfall: Urteil des LAG Köln
Das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 6 Sa 579/23) entschied kürzlich so:
Ein Mitarbeiter durfte nicht aus seinem Dauer-Homeoffice an einen Standort 500 Kilometer entfernt versetzt werden.
Zugleich entzog der Arbeitgeber die Heimarbeit.
Das Gericht untersagte die Maßnahme.
Begründung: Die Interessen des Mitarbeiters waren nicht ausreichend geprüft.
Tipps für Arbeitnehmer
- Vertrag prüfen. Lesen Sie alle Homeoffice-Klauseln.
- Betriebsrat fragen. Er kann Schutz regeln.
- Fristen wahren. Kündigungen der Vereinbarung folgen Fristen.
- Gespräch suchen. Oft hilft ein klärendes Gespräch mit dem Chef.
Ausblick auf die Homeoffice-Regelung
Bundesweit diskutieren Politiker über einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice.
Ein Gesetz könnte Mindeststandards schaffen.
Ein Entwurf liegt aber bisher nicht vor.
Bis dahin bleibt die Vereinbarung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer entscheidend.
Homeoffice prägt heute viele Berufe.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten fair verhandeln.
So entsteht eine Balance zwischen Flexibilität und Kontrolle.