Eine muslimische Frau wollte mit Gesichtsschleier Auto fahren. Doch das Berliner Oberverwaltungsgericht hat nun entschieden: Auch aus religiösen Gründen gibt es keine Ausnahme vom Verhüllungsverbot am Steuer. Das Gericht betonte, dass die Sicherheit im Straßenverkehr und die Identifizierbarkeit von Fahrerinnen und Fahrern Vorrang haben.
Damit bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eine frühere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Januar 2025. Der Antrag auf Berufung wurde abgelehnt. Der Beschluss ist endgültig und unanfechtbar.
Keine Ausnahmen beim Verhüllungsverbot im Straßenverkehr
Die Frau hatte beim zuständigen Landesamt eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Sie begründete dies mit ihrer religiösen Überzeugung: Laut ihrer Auslegung des Islam dürfe sie sich außerhalb ihrer Wohnung nur vollverschleiert in der Öffentlichkeit zeigen. Im Auto ohne Schleier fühle sie sich fremden Blicken ausgesetzt.
Doch sowohl das Verwaltungsgericht Berlin als auch nun das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stellten klar: Das Verhüllungsverbot in der Straßenverkehrsordnung gilt ausnahmslos. Es diene der Verkehrssicherheit und ermögliche eine effektive Identifikation bei Verkehrsverstößen.
„Religiöse Gründe müssen in diesem Fall hinter dem Schutz der öffentlichen Sicherheit zurückstehen“, erklärte das Gericht.
Begründung des Gerichts: Sicherheit geht vor Religion
Laut Paragraph 23 Absatz 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO) darf, wer ein Fahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er oder sie nicht mehr erkennbar ist. Diese Regel soll verhindern, dass Verkehrsteilnehmer anonym bleiben und sich so der Verantwortung entziehen können.
Das Oberverwaltungsgericht betonte, dass die Klägerin keine Zweifel an der Richtigkeit der früheren Entscheidung aufzeigen konnte. Auch Hinweise auf Verfahrensfehler habe sie nicht liefern können.
Die Entscheidung wurde unter dem Aktenzeichen OVG 1 N 17/25 veröffentlicht und am Dienstag offiziell bekannt gegeben.
Reaktionen auf das Urteil: Debatte über Religionsfreiheit
Das Urteil hat bundesweit eine Debatte ausgelöst. Vertreter muslimischer Gemeinden zeigten sich enttäuscht, betonten aber, dass man sich an geltendes Recht halten werde. Einige islamische Organisationen wiesen darauf hin, dass das Urteil den gesellschaftlichen Diskurs über religiöse Sichtbarkeit neu beleben werde.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl erklärte, das Urteil sei zwar rechtskonform, werfe jedoch Fragen zur Verhältnismäßigkeit auf. „Es braucht einen respektvollen Dialog zwischen Recht und Religion“, so eine Sprecherin.
Blick auf andere Länder: Wie wird der Schleier im Straßenverkehr geregelt?
Auch in anderen europäischen Ländern gelten strenge Regeln. In Frankreich ist der Gesichtsschleier bereits seit 2011 im öffentlichen Raum verboten. Auch Belgien, Österreich und Dänemark haben vergleichbare Regelungen.
In Deutschland ist eine Vollverschleierung am Steuer ausnahmslos untersagt, sofern sie die Gesichtserkennung behindert. Nur medizinische oder sicherheitsrelevante Masken – etwa während der Corona-Pandemie – wurden zeitweise erlaubt.
Hintergrund: Gesichtserkennung im Straßenverkehr
Die Erkennbarkeit der Person am Steuer ist für viele Bereiche entscheidend. Ob bei Blitzern, Unfällen oder Verkehrskontrollen – ohne klares Sichtfeld auf das Gesicht kann die Polizei keine eindeutige Identifikation vornehmen.
Verkehrsrechtsexperte Prof. Dr. Martin Reinhardt von der Universität Potsdam erklärt:
„Das Sichtbarkeitsgebot schützt nicht nur andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch die Ordnungskräfte. Es geht hier um Rechtssicherheit für alle.“
Mit dem Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichts ist nun endgültig entschieden: Muslimische Frauen dürfen beim Autofahren keinen Niqab tragen – selbst wenn sie sich dadurch in ihrem Glauben eingeschränkt fühlen. Der Schutz der Allgemeinheit und die Funktionsfähigkeit des Straßenverkehrs haben laut den Richtern Vorrang.