Ein deutscher Verbraucherschutzverband hat schwere Mängel in 17 von 18 getesteten Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder entdeckt. Die Experten raten Eltern dringend, solche Produkte nicht ohne ärztlichen Rat zu geben. Viele dieser Präparate enthalten Vitamine und Mineralstoffe, die angeblich die Gesundheit fördern sollen. Doch oft richten sie mehr Schaden als Nutzen an.
Höhere Dosierungen als empfohlen
Die Berliner Verbraucherschutzorganisation Stiftung Warentest untersuchte 18 beliebte Kinder-Nahrungsergänzungsmittel. Sie verglichen die Inhaltsstoffe mit offiziellen Nährstoffempfehlungen und prüften die Werbeversprechen. Das Ergebnis war alarmierend: 15 Produkte überschritten sichere Mengen für Kinder. In fünf Fällen lag der Vitamin-A-Gehalt sogar über der Höchstmenge für Erwachsene. Das kann für Kinder gefährlich sein.
Die Stiftung Warentest kam zu einem klaren Urteil: Die meisten Produkte seien „im besten Fall nutzlos und im schlimmsten Fall gesundheitsgefährdend.“ Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bestätigt, dass gesunde Kinder mit ausgewogener Ernährung keine zusätzlichen Vitamine oder Mineralstoffe brauchen. Ein Nahrungsergänzungsmittel kann keine schlechte Ernährung ausgleichen.
Eltern erhalten oft widersprüchliche Ratschläge
Viele Eltern stehen vor der Frage, ob Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind oder nicht. Die Werbung suggeriert, dass Kinder durch Vitamine gesünder und leistungsfähiger werden. Doch medizinische Experten widersprechen.
Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigte, dass 93 Prozent der Erwachsenen in 14 EU-Ländern Nahrungsergänzungsmittel eingenommen haben. Meist gaben sie an, damit ihre allgemeine Gesundheit unterstützen zu wollen. Viele von ihnen hatten jedoch keinen tatsächlichen Mangel.
Werbung für Nahrungsergänzungsmittel oft irreführend
Laut BfR setzen Hersteller gezielt auf emotionale Werbung. Sie versprechen, dass ihre Produkte das Immunsystem stärken und das Wachstum fördern. Die Stiftung Warentest stellte jedoch fest, dass diese Aussagen oft übertrieben oder wissenschaftlich nicht belegt sind. Manche Werbebotschaften verstoßen sogar gegen gesetzliche Vorschriften.
Dr. Berthold Koletzko, Kinderarzt in München und Präsident der Europäischen Akademie für Pädiatrie, erklärte: „Kinder, die sich ausgewogen ernähren, brauchen keine zusätzlichen Vitamine.“ Allerdings gibt es Ausnahmen.
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll?
Kinder mit bestimmten Ernährungsweisen oder gesundheitlichen Einschränkungen könnten von Nahrungsergänzungsmitteln profitieren. Besonders betroffen sind Kinder, die wenig Sonnenlicht bekommen oder sich rein pflanzlich ernähren. Vitamin D und Calcium sind dann oft nicht ausreichend vorhanden.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 ernährten sich 3,4 Prozent der Kinder in Deutschland vegetarisch. Experten vermuten, dass diese Zahl heute höher ist. Das erhöht das Risiko für Nährstoffmängel.
Gefahren durch übermäßigen Konsum
Doch nicht jedes Präparat ist sinnvoll. Dr. Koletzko warnt vor Gummibärchen-Vitaminen. Sie enthalten viel Zucker und sehen aus wie Süßigkeiten. Kinder könnten sie übermäßig konsumieren. Das kann Verdauungsprobleme verursachen.
„Eltern sollten nicht selbst entscheiden, welche Vitamine ihr Kind braucht“, betont Koletzko. „Sprechen Sie immer zuerst mit dem Kinderarzt.“
Trotz Warnungen bleibt der Markt für Nahrungsergänzungsmittel in Europa stark. Immer mehr Menschen greifen zu Vitaminen, oft ohne echten Bedarf. Verbraucherschützer rufen daher zu mehr Aufklärung auf.