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Deutscher Arzt Michael Fendler Nach Einsatz in Gaza: „Ich bin noch dabei, das alles zu verarbeiten“

by Andrew Rogers
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Michael Fendler, ein Chirurg aus Krefeld, hat in Gaza für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ gearbeitet. Dort erlebte er das unfassbare Leid der Zivilbevölkerung hautnah. Nach seiner Rückkehr Ende März ist der 63-Jährige tief erschüttert und noch immer damit beschäftigt, das Erlebte zu verarbeiten.

Erfahrungen in Gaza: Armut, Zerstörung und Not

Fendler kennt den Gazastreifen bereits aus mehreren Einsätzen, allerdings immer unter „halbwegs friedlichen“ Bedingungen. Als die israelische Armee ihre Militäroffensive im Gazastreifen begann, entschloss er sich, zurückzukehren und den Menschen vor Ort zu helfen. Trotz seiner Erfahrungen war er auf das, was ihn erwartete, nicht vorbereitet. „Ich bin noch dabei, das alles zu verarbeiten“, sagt Fendler über die erschütternden Eindrücke.

Bereits die Anreise nach Gaza gestaltete sich als Herausforderung. Nach einem Flug nach Amman, setzte er seine Reise in gepanzerten UN-Fahrzeugen fort und erreichte nach rund 16 Stunden den Gazastreifen. Die Situation vor Ort war alles andere als ruhig, denn die Kämpfe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas flammten erneut auf, was den medizinischen Einsatz erheblich erschwerte.

Medizinische Katastrophe: Gesundheitsversorgung im Gazastreifen am Rande des Kollaps

Seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Hamas-Angriffs auf Israel, wird Gaza nahezu täglich bombardiert. Besonders schlimm war die Situation während der jüngsten Militäroffensive, die im März begann. In dieser Zeit verschlechterte sich die Lage weiter: Die israelische Regierung hatte den Einfuhrstopp für humanitäre Hilfslieferungen verhängt, was dazu führte, dass die Versorgung der Zivilbevölkerung drastisch eingeschränkt wurde.

„Die Krankenhäuser sind entweder zerstört oder nicht mehr funktionstüchtig. Es gibt kaum noch Strom und Wasser, und die Lebensmittelvorräte sind erschöpft“, berichtet Fendler. Die Zahl der Todesopfer, vor allem unter Kindern, stieg dramatisch. Allein in der ersten Woche nach dem erneuten Ausbruch der Kämpfe wurden mehr als 1.000 Kinder verletzt oder getötet. Diese Zahl stellt einen erschütternden Höhepunkt im Konflikt dar, der seit Monaten die Menschen im Gazastreifen in die Verzweiflung treibt.

Hilfe inmitten der Zerstörung: Ärzte arbeiten unter extremen Bedingungen

Trotz der extrem schwierigen Bedingungen, darunter auch die ständigen Bombardierungen und Explosionen, setzten Fendler und seine Kollegen ihre Arbeit fort. „Wir haben unter den härtesten Bedingungen operiert, oft ohne ausreichende medizinische Versorgung und in völlig überfüllten Krankenhäusern“, erklärt Fendler. Viele der Patienten, die er behandelte, mussten mehrfach operiert werden, insbesondere Kinder, die schwere Verletzungen erlitten hatten.

Der Arzt, der lange Jahre als plastischer Chirurg und Unfallchirurg in Duisburg tätig war, ist auf Polytraumata und schwere Verbrennungen spezialisiert. Doch selbst er gibt zu, dass er noch nie so viele schwer verletzte Menschen auf einmal behandelt hat. „Was ich in Gaza gesehen habe, war anders als alles, was ich vorher erlebt habe“, sagt er.

Gaza und die verbleibenden Geiseln: Ein Arzt im Dilemma

Die Arbeit der Ärzte in Gaza ist von ständiger Gefahr begleitet. Es gibt kaum Schutzräume, und die Explosionen sind eine tägliche Realität. Fendler hatte jedoch Glück: Als das Naser-Krankenhaus, in dem er tätig war, bei einer Explosion teilweise zerstört wurde, hatte er das Gebäude gerade verlassen.

Trotz der Rückkehr nach Deutschland ist Fendler noch immer in Kontakt mit den Menschen in Gaza. Er nutzt soziale Medien, um über die erschütternden Ereignisse zu berichten und die internationale Gemeinschaft auf die Notlage der Zivilbevölkerung aufmerksam zu machen. Besonders betont er die Gewalt der Hamas und fordert die sofortige Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln.

Ein unvergessliches Erlebnis, das nachwirkt

Michael Fendler ist froh, wieder bei seiner Familie zu sein, doch das, was er in Gaza erlebt hat, lässt ihn nicht los. Die Bilder des Leids und der Zerstörung sind in seinem Gedächtnis fest verankert. „Die Menschen dort verdienen unsere Unterstützung, und wir dürfen sie nicht vergessen“, sagt der Krefelder Arzt.

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